«Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.»
Dieses Zitat von Albert Schweizer trifft das diesjährige Jahresthema wunderbar.
Der Blick auf die Dichte von Leben, wie ihn Albert Schweizer in seinem Zitat formuliert, weist uns daraufhin, dass wir ganz von Leben umgeben sind. Zu diesem Leben um uns sind wir in vielfältigster Beziehung. Es bildet die Basis unseres Lebens. Wir erkennen heute immer mehr, dass das Gemeinsame und das Zusammenspiel die Grundlage des Lebens bilden. Früher haben wir die Konkurrenz und den Kampf ums Überleben als Grundlage der Entwicklung des Lebens definiert. Heute ist die gegenseitige Unterstützung als Fundament und «Leitplanke» des Lebens dazugekommen. Bei den Pflanzen wissen wir heute, dass alle Wälder dieser Erde und auch Blütenpflanzen und Gräser einer Weide durch ein riesiges Geflecht aus Pilzen verbunden sind, die ein Netzwerk von Kommunikation, Information und auch Nahrungsaustausch bilden. Diese intensive Zusammenarbeit hat unsere Erde erst geformt. Wir wissen auch, dass Bienen und Mensch in ihrer Verdauung von Mikrobiomen abhängig sind. Das sind Bakterien, Viren, Pilze und andere einfache Lebewesen, ohne welche der Darm seiner Verdauungsfunktion nicht nachkommen kann. Auch die ganzen Oberflächen von uns oder auch der Bienen sind von solchen Kleinlebewesen besiedelt und deren Leistung und Zusammenarbeit macht erst diesen Organismus von Mensch oder Tier möglich. Die Summe der Kleinlebewesen wie beispielswese Bakterien und Pilze, die den Menschen unterstützend besiedeln, machen 2-3 kg seines Körpergewichtes aus.
Das Bienenvolk ist damit nicht nur eine Gesellschaft von Bienen, der Königin und den Drohnen; es gehört auch eine Summe von überlebenswichtigen Kleinlebewesen im Darm und auf den Körperoberflächen dazu. Neben diesem engeren Organismus «Bienenvolkgesellschaft» gibt es weiter viele Lebewesen, die sich um das Bienenvolk ansiedeln und mit ihm ko-existieren. Wir können ihnen am Bienenstand begegnen: Es sind Ameisen, Ohrengrübler, Bücherskorpionen auf der Unterlage, oder auch Mörtelwespen die unter dem Deckel Platz finden. Oder auch die Wespen und Hornissen am Bienenstand. Noch näher am Volkskörper dran ist die Wachsmotte, und ganz eng die Varroa. Gerade über die letzten zwei lässt sich trefflich diskutieren. Die Wachsmotte wird gerne als Bienenschädling klassiert, aber ist sie das wirklich? Sie ist vielleicht ein Schädling für die Imkerschaft in der Wabenaufbewahrung., aber aus Sicht des Bienenvolkes – ob wild oder betreut – ist sie eine Unterstützerin und Förderin des neuen Wabenbaues. In der Natur macht sie diesen überhaupt erst möglich und räumt auf. Häufig erfüllt sie diese Funktion auch im Wabenschrank. Noch ausgeprägter ist die Frage bei der Varroa, denn sie ist ohne Frage ein Bienenschädling. Was sie aber in diesen 35 Jahren bewegt hat an Auseinandersetzung in der Beziehung zwischen Mensch und Bienenvolk ist von unschätzbarem Wert. Gerade die Suche nach Auswegen aus der schwer erträglichen Varroabehandlung hat uns stark mit den Fragen nach den natürlichen Bedürfnissen des Bienenvolkes geführt. Ohne Varroamilbe wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.
Doch wenn wir nach Förderer und Feinden des Organismus Bienenvolkes fragen, dann müssen wir letztlich auch uns selber unter die Lupe nehmen. Wie sehen wir uns Imkernde im Umfeld des Bienenvolkes?
Sind wir die grosszügigen Fördererinnen und Unterstützer des Bienenvolkes und vielleicht gar der Blüten- und Trachtpflanzen? Oder sind wir ganz erbärmliche auf Eigennutz ausgerichtete
Honigdiebinnen und Ausnutzer? Wenn wir uns diese beiden Sichtweisen als richtig eingestehen, was können wir tun, um in der «Beziehung Biene-Mensch» partnerschaftlicher unterwegs zu
sein?
Jahresthema als PDF
Herzlich grüsst der Vorstand
Newsletter abonnieren